- 19. Februar 2019
- Veröffentlicht durch: Krueger-Pannek
- Kategorien: Familienrecht, IT-Recht, Straf- und Bußgeldrecht
Innerhalb des engsten Familienkreises besteht ein ehrschutzfreier Raum, in dem sich die Familienmitglieder frei aussprechen dürfen, ohne gerichtliche Verfolgung befürchten zu müssen. Dies gilt auch für Äußerungen in WhatsApp-Nachrichten zwischen Familienmitgliedern, so das Oberlandesgericht Frankfurt am Main in einer aktuellen Entscheidung.
Ein Schwiegersohn hatte gegen seine Schwiegermutter aufgrund zahlreicher über ihn behaupteter und verbreiteter Äußerungen wegen Unterlassung geklagt. Bei einem Streit mit seiner Ehefrau soll der Kläger nach eigener Darstellung seinen Sohn, der nicht von alleine das Zimmer verlassen wollte, ein wenig von hinten geschubst haben, damit er ein wenig schneller laufe. Die Ehefrau des Klägers hatte daraufhin ein von ihr angefertigtes Video des weinenden und sich am Hals fassenden Sohnes an ihre Mutter zur Aufbewahrung weitergeleitet. Diese verfasste daraufhin ein “Protokoll über Misshandlungen”, in welchem sie weitere Verhaltensweisen des Klägers auflistete und versandte es zusammen mit dem Video an ihre Schwester mit der Bitte, dieses an ihre gemeinsame Mutter weiterzuleiten. Darüber hinaus stellte die Schwiegermutter Strafanzeige gegen den Kläger wegen Kindesmisshandlung und legte dem Jugendamt und der Kriminalpolizei ebenfalls das “Protokoll” und das Video vor.
Der Kläger verlangte von der Beklagten, dass sie die in diesem “Protokoll” enthaltenen Aussagen nicht weiter behauptet und verbreitet. Das Landgericht wies seinen Antrag zurück. Auch die Beschwerde vor dem OLG hatte keinen Erfolg.
Das OLG führte hierzu aus, dass die Äußerungen der Schwiegermutter als privilegierte Äußerungen einzustufen seien. Das bedeutet, Sie seien in einem “ehrschutzfreien Raum” gefallen und deshalb nicht rechtswidrig. Denn nach höchstrichterlicher Rechtsprechung gebe es einen Bereich vertraulicher Kommunikation innerhalb besonders ausgestalteter Vertrauensbeziehungen, wozu insbesondere der engste Familienkreis gehöre. Dieser gehe dem Ehrenschutz vor (“beleidigungsfreie Sphäre”). Damit solle ein persönlicher Freiraum gewährt werden, in dem man sich mit seinen engsten Verwandten frei aussprechen könne, ohne eine gerichtliche Verfolgung befürchten zu müssen. Äußerungen, die gegenüber Außenstehenden oder der Öffentlichkeit wegen ihres ehrverletzenden Gehalts eigentlich nicht schutzwürdig wären, genießen in solchen privaten Vertraulichkeitsbeziehungen verfassungsrechtlichen Schutz, welcher dem Schutz der Ehre des durch die Äußerung Betroffenen vorgehe.
Ein Unterlassungsanspruch könne auch nicht darauf gestützt werden, dass die beanstandeten Äußerungen und das “Protokoll” auch an die Kriminalpolizei und das Jugendamt weitergeleitet worden seien. Nur weil sich eine Behauptung später im Prozess oder nach behördlicher Prüfung als unrichtig oder unaufklärbar erweist, dürfen rechtliche Äußerungen in einem Prozess oder die Wahrnehmung staatsbürgerlicher Rechte und Pflichten in einem Strafverfahren nicht zu strafrechtlicher Sanktionierung oder zivilrechtlichen Nachteilen führen.
OLG Frankfurt a. M. , Urteil vom 17.01.2019 – 16 W 54/18